23
Jan
2013

Segen oder Fluch

Gerade zur Tür herein, die Winterbekleidung noch nicht abgelegt, werde ich des kleinen, blinkenden Lichtchens gewahr. Behutsam drücke ich den Knopf.
Mütze wird abgelegt, Jacke geöffnet. Aus dem Gerät ertönt eine weibliche Stimme (warum haben Maschinen in den meisten Fällen weibliche Stimmen?).
“Sie haben eine neue Nachricht.”
Ein Piepsen. Ich hänge die Jacke auf den Bügel.
“Nachricht Nummer eins.”
Auf die Knie um die Schnürsenkel meiner Schuhe zu öffnen, was unangenehm, da nass geworden im Schnee.
“Guten Morgen Herr …, hier spricht die Firma... .Ich möchte Sie bitten mich in dringender Angelegenheit unter der Rufnummer … zurückzurufen.”
Ein klacken, ein weiterer Pieps, dann Ruhe.
Ich stelle die Schuhe ins Regal, während ich mich über mich selber ärgere. Warum höre ich den Anrufbeantworter ab wenn ich mich nicht in der Lage sehe mir das ein oder andere aufzuschreiben? Man sieht es so in Filmen, doch hat eine fiktive Person selten das Problem sich etwas aufschreiben zu müssen, da doch der reale Mensch der hinter ihr steht in den meisten Fällen seinen Text auswendig gelernt, so auch die vom Gerät angesagten Informationen.
Ein Blick neben das Telefon verrät mir: Notizblock ja, Stift nein. Ins Wohnzimmer getrottet, Kugelschreiber geholt, wieder an den Apparat in den Flur. Stift in der Hand, Block bereit, drücke ich ein weiteres mal auf den Knopf. Da sich das Ganze nicht beschleunigen lässt sehe ich mich gezwungen mir die ganze Nachricht ein weiteres mal anzuhören. Ich notiere mir den Namen der Firma schon mal, aus dem Kopf, ganz oben auf dem Blatt. Den wenigstens konnte ich mir merken.
“Sie haben eine neue Nachricht.”
Kleine Pause.
“Nachricht Nummer ein”.
Ich beginne ungeduldig mit dem Fuss zu Wippen.
“Guten Morgen Herr... ,”
Es werden kleine seltsame Formen neben den Firmennamen gekritzelt.
“Hier spricht die Firma... . Ich möchte sie bitten mich in dringender Angelegenheit”
Ich bin bereit. jeder Muskel ist angespannt. Die Spitzte des Stiftes ruht auf dem Blatt.
“unter der Rufnummer... “
Ich notiere die Vorwahl. Mein Handy klingelt. Den Rest bekomme ich nicht mehr mit. Es wird geflucht, der Anruf weggedrückt, das mobile Gerät stumm geschaltet. Das ganze ein weiteres mal von Beginn an. Beim nächsten Telefonkauf werde ich einen Anrufbeantworter verlangen welcher sich innerhalb der Nachricht vor- beziehungsweise zurückspulen lässt. Beim dritten Anlauf klappt es dann. Ich habe Namen und Nummer auf einem Blatt in recht leserlicher Handschrift stehen. Die mir soeben von einer körperlosen Stimme diktirte Nummer wird gewählt. Schliesslich sei es ja wichtig.
“Sie rufen ausserhalb unserer Geschäftzeiten an.”
Genervt lege ich auf. Dafür nun der ganze Aufwand.
Manchmal frage ich mich, warum ich überhaupt einen Anrufbeantworter besitzte? Die wenigsten Menschen Sprechen eine Nachricht darauf. Sollte es aber doch so sein das sich jemand erbarmt dem Gerät Grund zu geben zu glauben das es gebraucht wird, ist es meist nicht so wichtig wie der Anrufer denkt oder mir Glauben machen möchte. Gerne werden jene Nachrichten genommen, in welchen in äusserst dringenden Angelegenheiten um Rückruf gebeten wird, doch weder wird die Nummer, welche es zurückzurufen gilt, gesendet, noch wird sie auf das Band gesprochen. So steht man dann also da und versucht sich zu erinnern ob man die Nummer nicht irgendwo hat oder aber in Erfahrung bringen könnte.
Toll ist es auch, wenn ich auch nicht verstehe warum jener Mensch so vorgegangen ist, wenn man sich, nach dem letzten Klingeln noch zusätzlich den Gesamten Ansagetext anhört, auf das obligatorische Piepsen wartet um erst dann aufzulegen. Eine Nachricht ohne eine Nachricht. Also, wozu brauche ich das Ding?
Ich könnte mir ja die ein oder andere Erinnerungsmitteilung zukommen lassen, wie es ein guter Bekannter von mir einst tat. So kam es vor, das er sich mittels seines Anrufbeantworters daran erinnerte das es nicht vergessen solle zum Metzger zu gehen um das Abendbrot zu sichern. Dumm nur, das er die Nachricht erst abhörte wenn er schon Zuhause war. Wenigstens wusste er dann das er etwas vergessen hatte und darüber hinaus auch sein vorgehen, was Erinnerungen anbetraf, dringend zu überdenken sei.
Ich könnte ihn auch einfach abschalten. Momentan die einfachste Art einer Mitteilung zu entgehen. Aber wozu hätte ich ihn dann gekauft. Schliesslich muss sich eine solche Anschaffung ja bezahlt machen, egal auf welche Art und sei es nur weil sie eben einfach nur eingeschaltet ist. Mit diesem Vorgehen würde den Anrufern auch erspart bleiben was auch ich nicht mag: Auf einen Anrufbeantworter zu sprechen. Mit einer Maschiene zu kommunizieren, obwohl man indirekt ja mit mir spricht. Sich mit Geräten des täglichen Gebrauches zu Unterhalten, wenn auch recht einseitig, hat schon etwas von; “Ich rede auch mit Pflanzen”.
Die Ansage ist auch immer so eine Sache. Ehrlich, haben sie schon mal einen wicklich guten Ansagetext gehört? Es ist nunmal nicht jeder zum Sprecher, seinen wir ehrlich es sind die wenigsten, geboren. Meist muss man unfreiwillig lächeln, hört man was da durch die Leitung kommt, was wiederum dazu führt, das man den kurzen Pieps am Ende der Ansage verpasst.
Was macht man also um diesem Missstand abzuhelfen. Man lässt eben andere sein Maschinchen bequatschen. Am besten eine Berühmtheit. Entsprechendes Material gibt es ja im Internet. So bekommt man dan von Hannibal Lecter, Batman, William Shatner mitgeteilt das keiner Zuhause sei und man doch bitte einen Nachricht hinterlassen solle. Ist das jetzt der Weissheit letzter Schluss? Sollte ich William Shatner hören, so würde ich in Ehrfurcht erstarren. Wer würde das nicht, wenn einem gesagt wird, das sich am anderen Ende Captain Kirk befände?
Bei Hannibal Lecter eher aus Furcht.
“Guten Tag, hier spricht Hannibal Lecter. Die Familie sowiso kann gerade nicht an den Apparat kommen, da ich sie ermordet und deren Leber verspeist habe”.
Nein Danke, da möchte ich jetzt sicher nichts hinterlassen.
Bei Batman käme es darauf an welcher der vielen die ihn im Laufe der Jahre verkörperten dort zu hören wäre. Bei Adam West würde ich sicherlich belustigt sein. In keinem der Fälle sähe ich mich jedoch noch in der Lage eine anständige Mitteilung zu hinterlassen. Überhaupt, ist es nicht so, das, wer etwas möchte, oder eine dringende Sache anzusprechen hat, sicherlich ein weiters mal Anrufen wird. Auserdem leben wir doch im Zeitalter der mobile kommunikation. Man könnte also auch, so denn niemand Zuhause ist, auch ohne weiteres auf dem Handy anrufen.
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